(Eschwege, 8.11.2024) Solaranlagen auf Freiflächen sind ein wichtiger Baustein der Energiewende. Sie bieten Kommunen zusätzliche Einnahmequellen, bringen den Verbrauchern aber auch auf Sicht günstigeren Strom ins Haus, stärken die regionale Wirtschaft, diversifizieren die Energieversorgung und tragen maßgeblich zur Erreichung der hessischen Klimaziele bei. Damit die Kommunen künftig besser erkennen, wo sich Solaranlagen auf Freiflächen besonders gut eignen, wurde das Solar-Kataster Hessen grundlegend erneuert. Die Änderungen hat der Geschäftsführer der LEA, Dr. Karsten McGovern, gemeinsam mit dem Landesbeauftragten für ländliche Räume, Knut John, bei einem Besuch des Solarparks Niederhone in Eschwege vorgestellt.
Wirtschafts- und Energieminister Kaweh Mansoori übermittelte seine Grüße per Videobotschaft und betonte: „Gerade für ländliche Regionen wie Eschwege, die die notwendigen Flächen besitzen, eröffnen sich beim Bau von Freiflächensolaranlagen enorme Potenziale – nicht nur zur Erzeugung erneuerbarer Energien, sondern auch als wirtschaftlicher Motor für die regionale Wertschöpfung und nachhaltige Entwicklung. Als Landesregierung wollen wir die Kommunen in ihren Planungs- und Entscheidungsprozessen unterstützen und mehr Transparenz über verfügbare Flächen sowie potenzielle Betreibermodelle schaffen.“
Neue Funktionen im Solar-Kataster ergänzt
Auch deswegen hat das Hessische Wirtschaftsministerium zusammen mit der LEA LandesEnergieAgentur Hessen (LEA Hessen) das Onlinetool Solar-Kataster Hessen um neue Funktionen erweitert. Das kostenlose Online-Tool bietet schon seit über zehn Jahren eine schnelle Einschätzung der Wirtschaftlichkeit von Solaranlagen auf Dachflächen und jetzt auch für Freiflächen in ganz Hessen.
Der integrierte Freiflächenrechner liefert eine erste Einschätzung der baurechtlichen Genehmigungsmöglichkeiten für potenzielle Freiflächen. „Dabei werden sowohl förderfähige Flächen als auch Flächen mit Einschränkungen, etwa in Naturschutzgebieten, berücksichtigt. Zusätzlich stellt das Solar-Kataster Geo-Daten zur weiteren Nutzung und Analyse bereit – ein wertvolles Instrument für Kommunen und Flächeneigentümerinnen und -eigentümer hilft geeignete Flächen für Solarparks zu identifizieren“, so Dr. Karsten McGovern, Geschäftsführer der LEA Hessen.
Freiflächen-PV als Motor für den ländlichen Raum
Gemeinsam mit Eschweges Bürgermeister Alexander Heppe, Landrätin Nicole Rathgeber, Breunas Bürgermeister Jens Wiegand und Dr. Karsten McGovern, Geschäftsführer der LEA LandesEnergieAgentur Hessen informierte sich John vor Ort über den Betrieb des Solarparks Niederhone. Björn Groß, Investor des innovativen Solarparks und Inhaber des bauausführenden Unternehmens Energiesysteme Groß GmbH & Co. KG (ESG) führt mit seinem Team durch den Mustersolarpark. Dieser wurde jüngst im September 2024 für sein besonderes Biodiversitätskonzept mit dem Hessischen Staatspreis in der Kategorie Strom ausgezeichnet.
Der im Jahr 2023 in Betrieb genommene Solarpark mit 5,75 Megawattpeak Leistung produziert erneuerbaren Strom für rechnerisch rund 1.600 Haushalte und spart dabei jährlich etwa 2.770 Tonnen CO2 ein. Mit einem Beweidungskonzept sowie mit Hilfe von Steinhaufen und Totholzhaufen, Nistkästen, Lerchenfenster sowie mittels des Einsatzes von Bienenvölkern durch einen regionalen Imker und regionalem Saatgut werden hohe Biodiversitätsstandards umgesetzt. Ein zentraler Bestandteil ist ein bilateraler Stromliefervertrag (PPA) mit der SMA Solar Technology AG, der die langfristige Abnahme des erzeugten Stroms sicherstellt. Solche Verträge gewinnen im Rahmen der Energiewende zunehmend an Bedeutung, da sie finanzielle Planungssicherheit und Marktstabilität bieten.
Erfolgsmodell Agri-PV: Projekt in Breuna
Neben der bestehenden Anlage in Eschwege wurde im Rahmen des Termins auch die geplante Agri-PV-Anlage in Breuna vorgestellt. Agri-PV-Anlagen verbinden landwirtschaftliche Nutzung und Solarstromerzeugung auf derselben Fläche und bieten dadurch eine innovative Lösung für die ländliche Energieproduktion. Ende September wurde in Breuna der Aufstellungsbeschluss für eine 6-Megawatt-Anlage gefasst. 85 Prozent der 10 Hektar großen Fläche bleiben weiterhin für die Landwirtschaft nutzbar. Die Anlage soll als Bürgerenergieanlage realisiert werden, wodurch die lokale Bevölkerung direkt in das Projekt eingebunden wird und profitieren kann. Auch der bewirtschaftende Landwirt ist in den Planungsprozess involviert. Die geplante Agri-PV-Anlage in Breuna könnte eine der ersten ihrer Art in Hessen werden und damit ein Vorbild für weitere Projekte im ländlichen Raum sein“, betonte der Landesbeauftragte Knut John. „Jede Anlage, die erneuerbare Energie erzeugt, verbilligt den Strom für die Verbraucher.“
Bürgermeister Wiegand ergänzte: „Agri-PV ist ein vielversprechendes Modell. Es zeigt, wie Landwirtschaft und erneuerbare Energien erfolgreich kombiniert werden können. Eine Exkursion der LEA Hessen zu bestehenden Anlagen in Süddeutschland hat uns wertvolle Einblicke in die Technologie ermöglicht und uns motiviert die Planungen hier in Breuna voranzutreiben. Mit der Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger wird die Anlage zu einem echten Gemeinschaftsprojekt.“
Chancen und Herausforderungen
In Gesprächen mit den Beteiligten ging es vor allem um die Chancen und Herausforderungen, die der Ausbau von Freiflächen-Photovoltaikanlagen mit sich bringt. „Alles, was wir selbst produzieren, macht uns unabhängig“, sagt Kurt John. Dr. Karsten McGovern: „Es ist eine win-win Situation, wenn die ländlichen Regionen gestärkt werden und die Kommunen davon profitieren.“ McGovern appellierte an den Gemeinschaftsgeist: „So etwas kann nur funktionieren, wenn alle, die dafür stehen, wie Kommunen und Investoren, dazu beitragen, dass auch andere mutig sind.“ Wie alle Redner sieht Landrätin Nicole Rathgeber das neue Solarkataster als sehr hilfreiches Tool für die regionale Energiewende. Für die zügige Umsetzung müsse man allerdings noch mehr kommunizieren und aufklären, ist die Erfahrung aus ihrer Praxis mit den Kommunen in ihrem Verantwortungsbereich. Bürgermeister Alexander Heppe appellierte daran, die Flächen für Freiflächenanlagen nicht als Flächenverbrauch zu betrachten, sondern für alle Beteiligte als sinnvolle Flächennutzung. Björn Groß betonte, es sei ebenso wichtig, die regionale Wirtschaft und Industrie durch innovative Stromabnahmekonzepte wie einen bilateralen Stromliefervertrag zu beteiligen, wie bei Niederhone mit SMA. „Wir werden immer mehr zum Partner der Industrie.“ Als weitere Herausforderungen der Zukunft sieht er „Flexibilitäten“, also die Bereitstellung von Großspeicherlösungen in den Dimensionen eines Kraftwerks. Auch hier sei die Landesregierung gefragt, einen entsprechenden Rahmen für die Umsetzung zu definieren.